Jahresbericht des Vorsitzenden Wolfgang Freye an die MV
Der Vorstand des kopofo nrw ist im November 2020 neu gewählt worden, auf einer Mitgliederversammlung, die wegen der Corona-Pandemie auch bereits Online durchgeführt werden musste. Die Impfungen ab Anfang 2021 und die wärmere Jahreszeit haben eine deutliche Entspannung gebracht. Die gegenwärtige Lage macht jedoch jedem deutlich, dass Corona nicht „besiegt“ ist, soweit das überhaupt geht. Die Inzidenzen sind so hoch, wie noch nie, die Krankenhausbetten füllen sich rapide.
Insofern nehmen auch auf der Kommunalen Ebene Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie wieder viel Raum in Anspruch – angefangen bei der Frage, wie die Impfkampagne weiter organisiert werden über die Frage, ob Veranstaltungen wie die Weihnachtsmärkte überhaupt stattfinden können bis hin zur immer angespannteren Situation im Gesundheitswesen.
Was die Impfkampagne angeht, haben die Fraktionen der Partei DIE LINKE oft als erste Vorstöße für ein „aufsuchendes Impfen“ gerade in sozial prekären Stadtteilen gemacht. Bremen, in dem eine linke Gesundheitssenatorin arbeitet, hat das als erstes Bundesland konsequent umgesetzt und inzwischen die höchste Impfquote. In Städten wie Köln oder Essen wurden ebenfalls gute Erfahrungen gemacht, wobei ein entsprechender Antrag der Fraktion DIE LINKE in Essen im Mai von der Schwarz-Grünen Ratsmehrheit noch abgelehnt wurde.
Auch die Frage der Arbeit der kommunalen Gremien wird immer wieder thematisiert, wobei die Sensibilität dafür, dass politische, demokratische Beteiligung auch in Zeiten einer Pandemie gesichert werden müssen, deutlich zugenommen hat. Das Kommunalministerium NRW will voraussichtlich noch in dieser Wahlperiode eine Änderung der Gemeindeordnung durchsetzen, nach der Gremiensitzungen, bei denen Entscheidungen gefällt werden, auch Online stattfinden können. Wann der Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, ist uns noch nicht bekannt.
1. Herbe Niederlage bei der Bundestagswahl 2021
Im letzten Jahr haben wir bei der MV des kopofo die Ergebnisse der Kommunalwahl NRW diskutiert, bei denen DIE LINKE deutlich verloren hat. Bestimmendes politisches Ereignis im laufenden Jahr war die Bundestagswahl, bei der sich die Verluste der Partei DIE LINKE drastisch fortgesetzt haben. Obwohl sich im Wahlkampf ein deutlicher Trend für einen Regierungswechsel gezeigt hat, hat DIE LINKE davon überhaupt nicht profitiert, im Gegenteil, sie hat mit 4,9 % den Wiedereinzug in den Bundestag nur erreicht, weil sie mit großer Mühe drei Direktmandate in Berlin und Leipzig erreichen konnte.
In NRW liegt das Ergebnis mit 3,7 % im Bereich der anderen westdeutschen Flächenländer, aus denen nur Hessen mit 4,3 % etwas herausragt, das einzige westliche Flächenland, das mittlerweile in der dritten Wahlperiode im Landtag vertreten ist. Auch dieses Ergebnis würde für einen erneuten Einzug in den Landtag allerdings nicht mehr reichen. Der interne Streit in der Linken hat sicherlich nicht zu einer Verbesserung des Wahlergebnisses beigetragen, in dieser allgemeinen Aussage sind sich wahrscheinlich alle einig. Auffällig ist, dass die Spitzenkandidatur von Sahra Wagenknecht in NRW weder zu einem besonders schlechten noch zu einem besonders guten Wahlergebnis geführt hat. Die Ursachen des schlechten Abschneidens müssen also tiefer liegen. Insgesamt hat die Partei in NRW mehr als die Hälfte der Stimmen der letzten Bundestagswahl verloren, nämlich 369 957 absolute Stimmen bzw. -3,8 %.
Kommunalmandate DIE LINKE. NRW | 2014 | 2020 |
Kreisfreie Städte | 92 | 76 |
Kreise | 63 | 53 |
Kreisangehörige Gemeinden | 222 | 206 |
Bezirksvertretungen | 132 | 129 |
Landschaftsverbände | 9 | 9 |
Regionalräte + RVR | 14 | 8 |
Gesamt | 532 | 481 |
Mit den Ursachen dieser Entwicklung sollte sich die Partei weiter auseinandersetzen. Denn es geht um die nicht mehr und nicht weniger als die Existenz einer linken, in den Parlamenten wirkenden Partei. Eine solche Wahlanalyse ist sicherlich nicht Aufgabe des kopofo nrw. Aber sie ist dringend nötig, auch um sich kommunal neu aufstellen zu können. Denn auffällig ist, dass DIE LINKE in den sozial prekären, abgehängten Stadtteilen weiter verloren hat, diesmal aber auch in den eher studentisch geprägten, in denen sie bei den Wahlen in den letzten Jahren eher zulegen konnte und die Verluste in den prekären Stadtteilen teilweise kompensieren konnte. Diese Tendenz war auch schon bei den Kommunalwahlen im letzten Jahr festzustellen.
Betrachtet man die Wählerwanderung im Saldo (Verluste abzüglich Gewinne nach Statista) so hat DIE LINKE am meisten Stimmen an die SPD verloren (640.000), danach folgen mit Abstand die Verluste an die Grünen (480.000), ins „Lager“ der Nichtwähler*innen (320.000) sowie an die „Sonstigen“ (270.000). An die AfD verlor DIE LINKE mit 90.000 Stimmen nicht so viele, wie manche denken, weniger als an die FDP (110.000).
Horst Kahrs, den das kopofo nrw im April des Jahres zu einem Workshop zum Kommunalwahlergebnis eingeladen hatte, hat dort schon ausgeführt, dass DIE LINKE ihre Position in der Parteienlandschaft und vor allem ihren „Gebrauchswert“ neu definieren muss. Gerade hier spielt die kommunale Ebene eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn das Bild der Partei DIE LINKE vor Ort wird maßgeblich von der Kommunalpolitik geprägt. Sie kann zum Ausgangspunkt einer Neuaufstellung der Partei werden, hier kann und muss sie sich als „Partei für den Alltag“ bewähren.
Bundestagswahl: Endgültiges Ergebnis NRW – Zweitstimmen
| 2021 | 2017 |
| ||
Gültige Stimmen | 9 888 030 | 100 % | 9 853 377 | 100 % | + / - |
CDU | 2 566 719 | 26,0 | 3 214 013 | 32,6 | -6,7 |
SPD | 2 880 226 | 29,1 | 2 557 876 | 26,0 | +3,2 |
FDP | 1 130 154 | 11,4 | 1 293 052 | 13,1 | -1,7 |
AfD | 717 510 | 7,3 | 928 425 | 9,4 | -2,2 |
GRÜNE | 1 587 067 | 16,1 | 744 970 | 7,6 | +8,5 |
DIE LINKE | 366 947 | 3,7 | 736904 | 7,5 | -3,8 |
Für das kopofo und alle Kommunalpolitiker*innen der Linken in NRW heißt das Bundestagswahlergebnis auch: Wir müssen um ein gutes Wahlergebnis bei der Landtagswahl kämpfen, davon hängt nicht zuletzt die Förderung des kopofo ab und damit die Unterstützung der kommunalen Arbeit – wobei die Förderung des Landes erst ab einem Landtagswahlergebnis von 2,5 % greift.
2. Seminartätigkeit trotz Corona weitergeführt
Die Seminartätigkeit des kopofo musste seit der letzten Mitgliederversammlung weiter unter Pandemiebedingungen fortgesetzt werden. Der größte Teil der Seminare hat weiter als Online-Seminare stattgefunden, nur 9 auch wieder in Präsenz. Angesichts der drastischen Entwicklung der Pandemiezahlen hat der Vorstand kurzfristig beschlossen, die aktuelle Mitgliederversammlung, die eigentlich als Präsenzveranstaltung geplant war, Online durchzuführen. Für Vereine gibt es bis Ende des Jahres noch die Möglichkeit, auch Wahlen Online durchzuführen.
Rechnet man alle Veranstaltungen zusammen, also zu den Seminaren im Programm auch die Abrufseminare mit, war die Anzahl der Veranstaltungen des kopofo nrw noch nie so hoch, wie in diesem Jahr. Mit den 43 geplanten Veranstaltungen stoßen wir dabei an unser Limit – immerhin 35 haben auch tatsächlich stattgefunden, wobei der überwiegende Teil der Ausfälle auf zu geringen Anmeldungszahlen beruht und ein Seminar nur ins nächste Jahr verschoben wurde. Mit 451 Teilnehmer*innen stellt auch die Teilnehmer*innenzahl einen absoluten Rekord für das kopofo dar.
| Seminar- und | davon abgesagt/ | Stattgefundene | Teilnehmer*innen |
2016 | 17 | 2 | 15 | 222 |
2017 | 23 | 0 | 23 | 235 |
2018 | 32 | 9 | 23 | 365 |
2019 | 31 | 5 | 26 | 325* |
2020 | 35 | 10 | 25 | 424** |
2021 bis Nov. | 43 | 8 | 35 | 451 |
* Für ein Abruf-Seminar 2019 fehlt die TN-Zahl
** Auch für ein Abruf-Seminar 2020 fehlt die TN-Zahl. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass allein die beiden Kooperationsveranstaltungen mit der RVR-Fraktion (Mobilität und Wohnen) 131 TN hatten.
Diese Zahlen hängen natürlich auch damit zusammen, dass sich nach der Kommunalwahl viele neue Mitglieder in Kommunalvertretungen für Seminare angemeldet haben. Größere Konferenzen spielten dagegen wegen der Pandemie-Situation keine Rolle. Die größte Veranstaltung war mit 30 Teilnehmer*innen die Veranstaltung „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die kommunale Gesundheitspolitik“ im Februar.
Unterstreichen können wir die Erfahrungen, die wir schon vor einem Jahr festgestellt haben: Mit den Online-Veranstaltungen haben wir auch neue Teilnehmer*innen gewinnen können, z.B. aus Orten in ländlichen Regionen, die in der Regel eine weite Anreise zu den Seminaren haben. Wer für 4 oder 5 Stunden Seminar 5 Stunden hin- und zurück anreisen muss, überlegt sich das gründlich. Auch der Frauenanteil war bei den Online-Seminaren oft höher – ebenso der Kinderanteil …
3. Weitere Anmerkungen
Mit den Seminar-Aktivitäten im laufenden Jahr ist die Geschäftsstelle trotz eher stärkerer Unterstützung durch die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder an das Limit gekommen. Für das hohe Engagement sei ausdrücklich gedankt! Auch die Beratungsaktivitäten und Anfragen haben eher zugenommen. Die Antworten selbst haben öfter auch Vorstandsmitglieder übernommen.
Zur Verstärkung arbeitet seit dem 1.11. Helen Klee auf Stundenbasis in der Duisburger Geschäftsstelle, die ich hiermit herzlich begrüße! Helen hat bereits im Frühjahr 3 Monate als Praktikantin im Studium beim kopofo gearbeitet und kann – auch auf Grund einer Stundenreduzierung an anderer Stelle – nun fest mitarbeiten. Sie wird sich schwerpunktmäßig um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern, um die Sozialen Medien, wo die Präsens des kopofo verbessert werden kann, und den Newsletter, der auf Grund der hohen Belastungen in den letzten Monaten nicht regelmäßig erscheinen konnte.
Hingewiesen sei zum Schluss noch auf die Arbeit unserer Stellv. Vorsitzenden Martina Ammann im Vorstand des Städtetages NRW. Sie nimmt regelmäßig an den Vorstandssitzungen teil und bringt die Diskussionen im kopofo ein.
Zur Vorbereitung der Landtagswahlen hatten Mitglieder des Vorstands des kopofo dem Landesvorstand der Partei DIE LINKE angeboten, den Entwurf der kommunalpolitischen Abschnitte im Landtagswahlprogramm zu übernehmen. Dieses Angebot wurde gerne angenommen und auch umgesetzt. Jetzt kommt es auf das Ergebnis der Landtagswahl an, das wie ausgeführt weitreichende Folgen haben kann.
Wolfgang Freye, Vorsitzender des kopofo nrw e.V.
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