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Bochum

"Das Geschäft zum Erwerb der Energiesparte von Evonik ist finanziell attraktiv und bietet Chancen für den ökologischen Umbau."

Uwe Vorberg, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE Bochum

Rede von Uwe Vorberg, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. Bochum, zum Kauf der Steag durch ein Stadtwerkekonsortium

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

liebe Kolleginnen und Kollegen.

DIE LINKE im Rat  hat sich gemeinsam mit den anderen betroffenen Linksfraktionen im Ruhrgebiet und unserer Landtagsfraktion intensiv mit dem Thema Erwerb der STEAG befasst. Wir haben uns eine Meinung gebildet, auch Kontroversen ausgefochten und sind zu dem Schluss gekommen: Das Geschäft zum Erwerb der Energiesparte von Evonik ist finanziell attraktiv und bietet Chancen für den ökologischen Umbau.

Die Diskussion um Für und Wider wird leider seit Wochen von verschiedener Seite nicht gerade sachorientiert und fair geführt ? was auch dem Umstand geschuldet ist, dass es sich um ein nichtöffentliches Bieterverfahren handelt. Dass von Konkurrenten gegen gehalten wird und von neoliberaler Seite aus ?ordnungspolitischen? Gründen geschossen wird, war nicht anders zu erwarten. Aber wer Behauptungen in die Welt setzt nach dem Motto: ?Die Kommunen können das Geschäft finanziell nicht schultern, ? wer vom Zocker-Paradies und Casino redet, der weiß nicht, worüber er spricht. Die Finanzierung bewegt sich vollkommen im Rahmen normaler Investitionstätigkeit der Stadtwerke, der städtische Haushalt wird nicht belastet, der steuerliche Querverbund, der für den Erhalt der BOGESTRRA unverzichtbar ist, wird nicht gefährdet. Andere Investitionen wie Offshore-Windparks bewegen sich in finanziell größeren Dimensionen als das heute zu behandelnde Geschäft und sind in meinen Augen auch ökonomisch risikoreicher.

Dass auch von ? eher kleinen - Teilen der Umweltbewegung heftige Kritik kommt, ist zumindest zwiespältig. Einerseits spiegelt das das gestiegene Bewusstsein über die Umwelt- und Klimakrise wider, andererseits aber auch eine gewisse Hilflosigkeit. Bessere Alternativen als der Kauf durch das Stadtwerkekonsortium wurden nicht aufgezeigt.

DIE LINKE setzt sich programmatisch für die Rekommunalisierung der Energiewirtschaft ein. Es kann doch nicht länger hingenommen werden, dass die Energieversorgung im Inland und in Europa total vermachtet ist und 4 Großkonzerne das Feld beherrschen. Der Mehrheitserwerb an der Steag durch das Stadtwerke-Konsortium ? und in einigen Jahren auch der mögliche Erwerbs der übrigen 49 % - ist genau ein solcher Schritt zur Rekommunalisierung und wird deshalb von uns unterstützt. Er bietet die Möglichkeit, die Eigenerzeugung massiv auszubauen. Wir erwarten uns von dem Engagement, dass die energiewirtschaftliche Landschaft in NRW sich in den nächsten 10 Jahren gründlich verändert. Hin zum ökologischen Umbau unter sozialen Bedingungen.

Überlassen wir den STEAG-Kauf privaten Konzernen wie Remondis oder der tschechischen EPH, dann würde der Pfad in Richtung ökologische Nachhaltigkeit sicherlich nicht beschritten und unsere Stadtwerke kämen weiter unter Druck. Wir verbinden mit dem Kauf auch die Erwartung, dass die Stadtwerke den Umstrukturierungsprozess in sozialer und regionalwirtschaftlicher Verantwortung durchführen und unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Wo durch Abschaltung alter Kohlekraftwerke Arbeitsplätze entfallen, müssen Alternativen angeboten werden.

Kolleginnen und Kollegen,

 wir wollen den Beschluss des Rates für die Kaufofferte mit einer gemeinsamen Entschließung flankieren. Diese mag nicht rechtsverbindlich sein, aber sie ist eine politische Willenserklärung des Rates. Wir gehen davon aus, dass die Gesellschafter und die Mitglieder des zu bildenden Aufsichtsrats und des kommunalen Beirats sie beachten. In dieser Entschließung sprechen wir auch das Auslandsgeschäft an. Wir wollen keinen unkontrollierbaren ?Global Player?. Das Inlandsgeschäft soll deutlich im Zentrum der STEAG stehen. Am liebsten wäre es uns, wenn die ausländischen Kraftwerke mittelfristig an andere übergehen würden. Das heißt nicht, dass wir per se gegen grenzüberschreitende Geschäfte wären, wie z.B. bei den erneuerbaren Energien in Europa.

Hier nur noch ein Aspekt, der uns wichtig ist: STEAG-neu muss die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und Sozialstandards auf den Prüfstand stellen. Wenn ? vor allem im Bereich der Kohlelieferanten wie in Kolumbien ? die ILO-Kernarbeitsnormen verletzt werden, muss dies abgestellt werden. Notfalls müssen Verträge gekündigt werden.

Noch ein Argument zu dem atomwirtschaftlichen Engagement, was von den Gegnern des Geschäfts ins Feld geführt wird. Dieses macht weniger als 1 % der gesamten Geschäftsaktivitäten der STEAG aus. Das kann nicht zum wichtigsten  Entscheidungskriterium für das Projekt gemacht werden. Dennoch treten auch wir dafür ein, dass der Geschäftsbereich Nuclear Services und die Beteiligung an der Brennelemente Zwischenlager Ahaus GmbH aufgegeben werden.

Hier noch ein Wort zu den Grünen: DIE LINKE ist frühzeitig auf die Koalition zugegangen, um die eben erwähnten Regelungen zu beschließen. Ich habe im Aufsichtsrat ausdrücklich auf das Problem mit Nuclaer Services hingewiesen. Dass die Grünen dieses Themas erst 1 ½ Wochen vor der entscheidenden Ratssitzung für sich entdeckt und dann öffentlich ganz groß aufgezogen haben, ist zumindest für mich nicht sehr glaubwürdig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

aber auch das Verhalten einiger Mitglieder der CDU ist mir schleierhaft. Meines Wissens hat die CDU in allen anderen Kommunen dem Geschäft aus ökonomischen Gründen zugestimmt. Nach meiner Erinnerung gab es auch im Aufsichtsrat, in dem ja vor allem die ökonomische Tragfähigkeit des Projektes ging, keine Gegenstimme gegen das Geschäft. Und dann tun wichtige Vertreter der CDU kurz vor der Abstimmung in der Öffentlichkeit so, als hätten sie aktuell zum ersten Mal von einer Put-Option und einem möglichen 100%-Erwerb der STEAG durch die Stadtwerke-Gruppe gehört. Das wurde doch von Anfang an mitverhandelt. Ich hoffe mal, dass die Aufsichtsratsmitglieder der CDU ihre eigene Fraktion fachkundiger informieren, als sie sich in der Öffentlichkeit äußern.

Zum Schluss, Kolleginnen und Kollegen, noch eins: Die künftigen Geschäfte der Stadtwerke mit der STEAG müssen transparent, demokratisch beeinflussbar und steuerbar sein. Das Stadtwerke-Konsortium wäre gut beraten, wenn es neben dem künftigen Aufsichtsrat und ?beirat eine bürgerschaftliche Dialogstruktur einrichten würde. Darin sollte auch kritische Umweltschützer Platz finden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den Prozess kritisch-konstruktiv zu begleiten. Wir sollten es nicht riskieren, dass aus mangelnder Information und aufgrund mangelnder Dialogbereitschaft die Stadtwerke demnächst mit Kampagnen für einen Stromanbieterwechsel konfrontiert wären.