Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Detailansicht


Essen

"Dem Haushalt die unsozialen Giftzähne ziehen"

Gabriele Giesecke, stellv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE. Essen

Haushaltsrede von Gabriele Giesecke, stellv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE. Essen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder,
Ihnen liegen eine Reihe von Haushaltsanträgen von uns vor, die eins eint: Wir wollen dem Haushalt einige der härtesten sozialen ?Giftzähne? ziehen und diejenigen stärker an der Fi- nanzierung des Stadthaushaltes beteiligen, die es sich leisten können. Um es gleich ganz di- rekt zu sagen: Das unterscheidet uns von Ansatz des ?bürgerlichen Bündnisses?, das mit seinen Anträge die Umverteilung von unten nach oben ohne Scham weiter vorantreiben will.
Mit dem Unternehmenssteuergesetzen der rot-grünen, rot-schwarzen und jetzt schwarz- gelben Bundesregierung wurden die Konzerne so deutlich entlastet, dass selbst Stadtkäm- merer Klieve, sicherlich kein ?Unternehmerschreck?, die Erhöhung um 20%-Punkte bei der Gewerbesteuer vorschlägt. Uns ist das noch zu wenig.. Mit dem von uns vorgeschlagenen Gewerbesteuerhebesatz von 495%-Punkten kommen 2010/11 rd. 5,3 Mio. Euro mehr in den Haushalt als nach dem Verwaltungsvorschlag. Den von CDU/Grünen/FDP/EBB vorgeschla- genen Verzicht von rd. 10,2 Mio. Euro für 2010/11 durch eine Anhebung von lediglich 10%- Punkten lehnen wir ab.
Ebenso lehnen wir den Verzicht auf die Übernachtungsabgabe ab. Zumindest einen Teil des FDP-Steuergeschenkes an die Hotellerie ? und zwar 6 statt der vom Kämmerer vorgeschla- genen 5 Prozent - sollten wir vor Ort als Kompensation für die von Bund und Land zu ver- antwortende finanzielle Unterausstattung der Kommunen zurückholen.
Wir tragen die Erhöhung der Grundsteuer B auf 560 Punkte mit, da ist dann aber auch Schluss. Die Grundsteuer B wird nämlich nicht nur vom wohlhabenden Hauseigentümer, sondern auch von den vielen Mieterinnen und Mietern getragen. Damit werden viele Essene- rinnen und Essener belastet, denen jeder Euro Mehrausgabe schon weh tut. Das selbst Ihr Grünen im Fahrwasser von Jamaika plus ohne Bauschmerzen die Grundsteuer B noch wei- ter in die Höhe schrauben wollt, zeigt Eure sozialpolitische Verirrung.
Ausgerechnet das städtische Personal soll noch mehr bluten als sowieso schon vorgesehen, geht es nach dem Bündnis der Bürgerlichen. Populistisch auf den Beschäftigten des Öffentli- chen Dienstes herumzutreten ohne zu sagen, dass mit dem Personalabbau auch die Dienst- leistungen für die Bürger wegfallen, ist versuchte Rosstäuscherei der Essener und Essene- rinnen. Der Personalabbau geht schon jetzt über das Zumutbare hinaus. Wir anerkennen, dass die Beschäftigten, ihre Personal- und Betriebsräte sowie Verdi mit dem Bündnis für gu- te Arbeit bereits kräftig in Vorleistung gegangen sind und nicht etwa die Haushaltskonsolidie- rung blockieren.
Für kontraproduktiv halten wir die Kürzungen im Bereich der Bauunterhaltung und der ener- getischen Sanierung. Hier wird nur scheinbar ?gespart?, tatsächlich kommt es uns teuer zu stehen, wenn Energie zum Fenster rausgeht und/oder Gebäude verfallen. Mit uns ist das nicht zu machen.
Wir treten für eine soziale und solidarische Stadtgesellschaft ein. Leider enthält der Haus- haltsentwurf gerade im Sozial, Jugend- und Schulbereich so einige unsoziale Giftzähne. Ge- rade diese Maßnahmen wurden alle im Rahmen der Bürgerbeteiligung abgelehnt, z.T. mit sehr großen Mehrheiten. Mich enttäuscht es, dass die Verwaltung aus dieser klaren Ansage der Essenerinnen und Essener für den jetzt vorgelegten Haushaltsentwurf keine Konse- quenzen gezogen hat.
Menschen mit geringem Einkommen sind vielfach ausgegrenzt, da ist ein wenig Hilfe manchmal schon viel. Wir wollen eine unabhängige Beratungsstelle für Sozialleistungsbe- zieherinnen und ? bezieher. Selbst die beste Beratung im JobCenter (und hier mangelt es weiter ganz mächtig) kann eine unabhängige Anlaufstelle nicht ersetzen. Die ehrenamtlich angebotenen Beratungen sind dem Ansturm der Beratungsuchenden einfach nicht mehr ausreichend gewachsen, sondern brauchen eine professionelle Unterstützung.
?Zwangsumzüge? für Sozialleistungsbezieherinnen und ? bezieher muss es in dieser Stadt nicht geben, hier müssen wir die Gestaltungsspielräume zu Gunsten der Betroffenen nutzen. Zumindest bei den Bestandfällen sind die Mieten ohne wenn und aber zu übernehmen, die benötigten Mittel dürfen nicht der Haushaltskonsolidierung zum Opfer fallen.
Auch die Einführung eines Sozialpasses liegt in unserem Gestaltungsspielraum. Die An- spruchsberechtigten brauchen ihn, damit bestehende Ermäßigungen transparent und über- sichtlich werden und sie unbürokratisch und diskriminierungsfrei genutzt werden können.
Keinesfalls dürfen bestehende Vergünstigungen für Menschen mit geringem Einkommen wegfallen. Weder bei der VHS noch bei der Folkwang-Musikschule. Bildung ist ein Schlüssel zur gesellschaftliche Teilhabe, deshalb ist verbieten sich alle Kürzungen in diesen Bereichen. Wir unterstützen schon aus diesem Grund die entsprechenden Anträge aus dem Jugendhil- feausschuss und der SPD.
Besonders werben möchte ich bei Ihnen allen, liebe Ratskolleginnen und ?kollegen, noch mal für den Erhalt eines städtischen Zuschusses für den Förderunterricht an der Universität Duisburg Essen. Fraktionsübergreifend herrscht bei den Fachpolitikern Einigkeit über die hervorragende Arbeit, in bildungs- wie sozialpolitischer Hinsicht, ziehen wir deshalb dem Haushalt gemeinsam diesen Giftzahn.
Im Kulturhauptstadtjahr will ich mit einer Bemerkung zur Kultur schließen: Die Kulturschaf- fenden in dieser Stadt haben mit Kürzungen an vielen Stellen zu kämpfen. Erfreulicherweise haben sie sich nicht gegeneinander gewendet, sozusagen ?Hochkultur gegen Breitenkultur?. Fünf Kulturdezernenten, darunter Herr Bomheuer, haben eine Initiative zu einer breiter ange- legten Debatte über die Zukunft der Kultur und der Kulturförderung angestoßen. Sie weisen dabei auch daraufhin, dass das Land NRW sich bisher deutlich zu wenig an der Kulturförde- rung beteiligt.
Wir bitten um Unterstützung unsere Anträge.