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Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Witten

Klimanotstand in Witten

Sehr geehrte Frau Leidemann,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Fraktion DIE LINKE. stellt folgenden Antrag zur Ergänzung der Anträge Ö 3.1 und Ö 3.2 des HFA und des Rates bzw. Ö 10 und Ö 10. 1 des ASU.

Der HFA/ASU/Rat möge beschließen:

„Mit der Erklärung des Klimanotstands soll auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam gemacht werden und der Klimaschutz ganz oben auf die politische Agenda gesetzt werden.

Allerdings ist eine solche Erklärung wirkungslos, wenn nicht konkrete Maßnahmen und die weitere Vorgehensweise festgelegt werden. Derartige Maßnahmen müssen deutlich über das bestehende Klimaschutzkonzept der Stadt Witten hinausgehen. Es bedarf der Vorgabe von klaren Zielvorgaben und Zeitlinien, um beurteilen zu können, ob die Maßnahmen hinreichend sind.

  1. Das Klimaschutzkonzept der Stadt Witten aus dem Jahr 2013 wird umgehend evaluiert. In einer Verwaltungsvorlage zur nächsten Sitzung des ASU und des Rates wird dargestellt, welche Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes wann und wie umgesetzt wurden und welche Entwicklung der Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2–Äquivalente) seit 2010 vorliegt (jährliche Darstellung).
  2. Das Klimaschutzkonzept der Stadt Witten wird grundlegend überarbeitet und durch ambitionierte Maßnahmen ergänzt. Das so überarbeitete Klimaschutzkonzept soll in spätestens sechs Monaten vorgelegt werden.
  3. Das Thema „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung – Bericht der Verwaltung“ wird Tagesordnungspunkt jeder Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz.
  4. Bei der Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Klima bei Entscheidungen der Stadt Witten erfolgt grundsätzlich eine Angabe der voraussichtlichen zusätzlichen oder eingesparten Emissionen an klimawirksamen Spurengasen (CO2–Äquivalente).
  5. Bei Entscheidungen über Bauleitpläne werden die Abschnitte „Klimarelevanz“ und „Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen“, eingefügt. Auch hier erfolgt die Angabe der voraussichtlichen zusätzlichen oder eingesparten Emissionen an klimawirksamen Spurengasen (CO2–Äquivalente).
  6. Die Stadt Witten führt analog zum Vorgehen der Stadt Tübingen eine Pflicht ein, gemäß der alle neuen Bauvorhaben grundsätzlich mit einer Photovoltaik-Anlage auszustatten sind. Die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaik-Anlage kann in Grundstückskaufverträgen sowie in städtebaulichen Verträgen festgeschrieben wird. Wenn es diese vertragliche Möglichkeit nicht gibt, kann eine entsprechende Festsetzung in Bebauungsplänen erfolgen,
  7. Die Stadt Witten prüft kurzfristig, welche Flächen für Windenergieanlagen in Witten in Betracht kommen und prüft, wie dort derartige Anlagen, ggfs. als städtische Projekte, errichtet werden können.
  8. Die Stadt Witten nutzt ihre Möglichkeiten, um auf eine kurzfristige Einführung des Nulltarifs für den Öffentlichen Personennahverkehr in Witten hinzuwirken. Gleichzeitig sollen die Taktzeiten des ÖPNV verbessert und um weitere Linien ergänzt werden.
  9. Das Radverkehrsnetz Wittens wird verstärkt ausgebaut. Dazu gehören eine flächendeckende Vernetzung der Radwege und eine klare Trennung des Radverkehrs vom motorisierten Verkehr. Die Maßnahmen  Ruhrstraße zwischen Gasstraße und Ruhrdeich und der Umbau in der Husemannstraße sollten aus Gründen der Sicherheit zuerst realisiert werden.
  10. Der Strommix der Wittener Stadtwerke beinhaltet nach ihren eigenen Angaben 3,6 % Strom aus Atomkraft und 12,4 % Strom aus Kohle. Zwar erhalten Privatkunden ausschließlich Strom aus Wasserkraftwerken. Dies deckt jedoch nicht den gesamten Stromverkauf ab, wie die Zusammensetzung des Strommixes zeigt. Die Stadt Witten wirkt daher auf die Stadtwerke und den Aufsichtsrat ein, im Strommix zukünftig nur noch Strom aus erneuerbaren Energien zu verwenden.
  11. Die Stadt Witten ist sich ihrer Verantwortung für Treibhausgasemissionen bewusst, die außerhalb von Witten entstehen, aber an denen sie durch den Besitz von Geldanlagen oder Beteiligungen mitwirkt. Hierzu gehören auch die RWE-Aktien, die sich im Besitz der Wittener Stadtwerke bzw. einer Gesellschaft befinden, die von den Stadtwerken beherrscht wird. Der Besitz dieser Aktien ist angesichts des Abbaus von Braunkohle und des Betriebs von Kohlekraftwerken durch RWE nicht zu verantworten. Als erste deutsche Stadt verzichtet Münster bereits auf klimaschädliche Geldanlagen, insbesondere auf den Besitz von RWE-Aktien. Die Stadt Witten schließt sich diesem Beispiel an und wirkt auf die Stadtwerke und ihren Aufsichtsrat ein, die RWE-Aktien unverzüglich zu verkaufen.
  12. Die Wittener Stadtwerke beteiligen sich derzeit über die ewmr am Kohlekraftwerk Trianel Lünen. Die Stadt Witten wirkt daher auf die Stadtwerke und ihren Aufsichtsrat ein, damit sich die Stadtwerke für eine unverzügliche Stilllegung dieses Kohlekraftwerks einsetzen. Zudem wird sie in diesem Sinne auch auf die ewmr einwirken.
  13. Die Stadt Witten lässt unverzüglich den Masterplan Klimafolgenanpassung erstellen, dessen Endfassung laut dem Klimaschutzkonzept der Stadt Witten bereits 2014 hätte vorliegen können.
  14. Vor dem Hintergrund verstärkter Hitzeperioden ist ein Konzept zu entwickeln, wie insbesondere bei älteren Menschen hitzebedingten Erkrankungen vorgebeugt werden kann.
  15. Vor dem Hintergrund verstärkter Hitzeperioden sind verstärkt öffentlich zugängliche und nutzbare „Wasserplätze“ im öffentlichen Raum (Brunnen, Wasserspielplätze, Trinkwasserbrunnen etc.) zu schaffen.
  16. Die Veröffentlichung von Starkregen-Gefahrenkarten sollte umgehend erfolgen. Es ist ein Konzept zum Überflutungsschutz zu entwickeln.
  17. Die Stadt Witten richtet ihre Stadtplanung auf die Verhinderung von Wärmeinseln bzw. die Minderung der Aufheizung von städtischen Gebieten aus. Dazu gehören der Erhalt von Kaltluftschneisen und ihre weitere Entwicklung, eine konsequente Entsiegelung von Flächen, die Schaffung weiterer Grünflächen sowie die nachhaltige Sicherung und Weiterentwicklung des Baumbestandes.
  18. Die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel werden sozial gerecht umgesetzt.“

Begründung:

Um zu einem wirksamen Klimaschutz und zu einer Anpassung an den Klimawandel zu kommen, müssen konkrete Maßnahmen, klare Zielvorgaben und eindeutige Zeiträume zur Erfüllung dieser Ziele festgelegt werden. Der bisherige Prozess in Witten gewährleistet dies nicht und setzt auch keine ambitionierten Ziele.

Daher sind in einem ersten Schritt das Klimaschutzkonzept der Stadt Witten grundlegend zu überarbeiten und ein Masterplan Klimafolgenanpassung zu erstellen. Der Stand der Reduzierung klimawirksamer Spurengase muss zukünftig kontinuierlich in quantifizierter Form vorliegen.

Bereits jetzt können konkrete Maßnahmen genannt und umgesetzt werden. Dazu gehört die Pflicht, Neubauten grundsätzlich mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten, wie sie bereits in Tübingen eingeführt ist, siehe

https://www.tuebingen.de/gemeinderat/to0040.php?__ksinr=3076

Im Bereich der erneuerbaren Energien ist zudem zu prüfen, in welchem Umfang Windkraftanlagen in Witten errichtet werden können.

Im Verkehrssektor gilt es, die CO2-Emissionen durch den Autoverkehr zu senken. Dies kann erstens durch die Stärkung des ÖPNV und den Einsatz für einen Nulltarif bei öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen. Der im belgischen Hasselt 1997 eingeführte Nulltarif war bis 2014 erfolgreich und konnte nur wegen veränderter Rahmenbedingungen nicht weitergeführt werden. Erfolgreich ist die Einführung des Nulltarifs auch in Tallinn in Estland ab 2013. Der kostenfreie ÖPNV in Luxemburg startet im März 2020. Diskutiert wird derzeit auch die Einführung des Nulltarifs in deutschen Städten, z.B. in Tübingen.

Zweitens ist der Radverkehr durch Ausbaumaßnahmen, eine höhere Attraktivität und geringere Unfallgefahr zu stärken. 

Ein wichtiger Akteur bei der Klimapolitik der Stadt Witten sind die Stadtwerke. Hier sollte der Strommix nur noch aus erneuerbaren Energien bestehen. Zudem müssen die Stadtwerke darauf hinwirken, dass mit dem Kohlekraftwerk Trianel Lünen ein Klimakiller vom Netz geht. Auch der Besitz von RWE-Aktien ist nicht mehr tragbar. In seinen Braunkohlekraftwerken Frimmersdorf, Goldenberg, Neurath, Niederaußem und Weisweiler produziert RWE mehr als 80 Mio. t/a CO2 (2016). Dies ist mehr als die Hälfte aller energiebedingten Kohlenstofdioxidemissionen in NRW. Die Unbelehrbarkeit von RWE hat sich gerade wieder im Vorfeld und während der Klimademonstrationen beim Braunkohletagebau Garzweiler gezeigt.

Da die Folgen des Klimawandels bereits jetzt deutlich sind, sind auch hier kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt insbesondere für die extremer werdenden Dürreperioden. Der Entstehung von Wärmeinseln im Stadtgebiet muss entgegengewirkt werden. Stattdessen müssen Maßnahmen zur Senkung von extremen Temperaturen in der Stadt ergriffen werden. Hitzebedingten Erkrankungen, insbesondere bei älteren Menschen muss vorgebeugt werden.

Angesichts der immer häufiger werdenden Extremwetterlagen muss auch den Folgen von Starkregen vorgebeugt werden.

Die Kosten und Folgen der Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung dürfen dabei nicht von den Armen und Geringverdienenden getragen werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen muss sozial gerecht erfolgen.


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